JuAr Basel Newsletter Sommer 2022 Keine Bilder? Webversion Jugendarbeit Basel 06/2022
Die Band "Salmon Pink" live an der Eröffnungsfeier des neuen Jugi Bachgraben Sommer-Newsletter JuAr Basel 06/2022Liebe LeserinnenLiebe LeserLiebe Freundinnen und Freunde von JuAr BaselLiebe AlleNun gehen wir bald wieder in die lange Sommerferienzeit, die Stadt am Rhein wird ruhig, die neurotisch aufgeladene Nervosität weicht, auch in einer Gegenwart, in der blitzschnelle Computerkommunikation unseren Alltag beherrscht, einer erstaunlichen Gemächlichkeit. Auf einige Tage der Entspannung freuen wir uns wohl alle, zu Recht.Doch der Blick in die unmittelbare Vergangenheit, zurück in die Jahre 2020 und 2021, ist beunruhigend, offenbart eine Pandemie-Krise, deren Folgen noch längst nicht bewältigt sind, die im Hintergrund immer noch schwelt. Der Blick in die Zukunft gibt Anlass zur Sorge, der Krieg in der Ukraine, das ungeheure Leid der Bevölkerung, das auch nicht aufhört, wenn wir Sommerferien haben, die wirtschaftlichen Entwicklungen, steigende Preise, die Teuerung. Diese ernsten Themen beschäftigen auch unsere Organisation im achtzigsten Jahr ihrer Existenz, gegründet inmitten der Schrecken des Zweiten Weltkriegs. Unsere Zielgruppe, Jugendliche und junge Erwachsene, sind ja eine ganz besonders sensible und betroffene Schicht unserer Gesellschaft, zwei Jahre Corona-Krise, das dauert, wenn man jung ist, eine halbe Ewigkeit. Und dann soll alles wieder ganz normal weitergehen? Der Leistungsdruck ist einfach wieder da und die Klimakatastrophe dräut weiterhin am Horizont. Und jetzt ist auch noch Krieg in Europa, in unmittelbarer Nähe zu Ländern, in denen viele Jugendliche, die in unseren Angeboten verkehren, Verwandte, kulturelle Wurzeln haben. All diese ernsten Themen erzeugen eine nie dagewesene, verwirrende Fülle an widersprüchlichen Botschaften, Informationen und zugespitzten Meinungen, auf dem Internet – die uns in Basel ja vor allem als medial vermittelte brodelnde Sensationsflut entgegenkommt, denn auf dem Netz ist jeder Newsbeitrag auch Klick-Köder –, jener primären Informationsquelle unserer Tage. Vor diesem Hintergrund leben wir, vor diesem Hintergrund leben unsere Jugendlichen, die Orientierung suchen, in dieser Welt der Widersprüche, die auch uns Erwachsene oft überfordern, die Unterstützung und Entlastung brauchen. Erfreuliches haben wir über die Eröffnung unseres neuen Hauses zu berichten, gleich neben dem Eingang des Gartenbads Bachgraben gelegen, die am 12. Mai in aller Fröhlichkeit über die Bühne gegangen ist. Endlich. Erfreulich gestaltet sich in letzter Zeit unsere Zusammenarbeit mit dem Erziehungsdepartement, da ist eine sehr positive Energie zu spüren. Hoffentlich finden wir auch bald eine schöne Bleibe für unser Jugendzentrum Chillout in Kleinhüningen. Für jegliche Tipps sind wir hierbei dankbar! Gespannt sehen wir den Verhandlungen um die Finanzierung unserer Jugendberatung entgegen, die wir in nächster Zukunft mit der Abteilung Jugendhilfe des Erziehungsdepartements führen werden. Dieses Angebot arbeitet inhaltlich super, hat einen grossen Andrang, ist aber seit vielen Jahren unterfinanziert und personell gefährlich unterdotiert. Gleich am Anfang dieses Newsletters finden Sie einen Text, der den komplexen Problemen dieses wichtigen Angebots gewidmet ist, den ich mit Hilfe des Leiters der Jugendberatung, Christoph Walter, und JuAr Basel-Geschäftsführerin Elsbeth Meier, geschrieben habe. Zum Thema Jugendberatung haben wir – zu kurzfristig, mea culpa – verschiedene Partnerorganisationen angefragt, um Statements zu unserer Jugendberatung. Immerhin haben wir dann gleich zwei erhalten, die mich ganz besonders gefreut haben. Deshalb erscheinen diese Aussagen nun nicht in einem Kasten, hinter dem Text über die Jugendberatung, sondern gleich hier im Vorwort. Monique Billo, Lernberatung der Berufsfachschule BaselIch habe Monique Billo von der Lernberatung der Berufsfachschule Basel, Abteilung Hauswirtschaft und Soziale Berufe des Erziehungsdepartements des Kantons Basel-Stadt, kennengelernt, weil ich einen Pädagogik-Kurs besucht habe, an dem sie referierte, zu spannenden psychologischen und soziologischen Themen. In der Pause hat sie mich auf unsere Jugendberatung angesprochen, sie schätze dieses Angebot sehr. Ich habe sie also um ein Zitat zur Jugendberatung gebeten, sie hat es mir gemailt. Ich sage Dankeschön für diese beiden Zitate, welche ich nun mit Vergnügen ans Ende dieses Texts stelle. «Als Lernberatung der Berufsfachschule Basel sind wir täglich mit Fragen und schwierigen Situationen, welche unsere Lernenden am Lernerfolg hindern, konfrontiert. Viele dieser Lernenden können wir adäquat beraten und coachen, einige davon brauchen jedoch deutlich mehr, als wir bieten können. Die JuAr Jugendberatung ist eine der wichtigsten Anlaufstellen für uns. Einerseits profitieren wir als Berater*innen von dem breiten und fundierten Wissen der Mitarbeiter*innen und anderseits dürfen wir immer wieder Lernende direkt zu der Fachstelle schicken. Die Rückmeldungen unserer Lernenden sind durchwegs positiv». Yann Bochsler, lic. rer. soc.Yann Bochsler, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Institut Sozialplanung, Organisationaler Wandel und Stadtentwicklung an der Hochschule für Soziale Arbeit FHNW – hat sich intensiv mit Fragen rund um Themen wie Armut, Sozialhilfe, Junge Erwachsene in sozialen Nöten und Integrationsauftrag der Sozialhilfe befasst. Hier sein Statement zu unserer Jugendberatung: «Freien Zugang für alle zur Jugendberatung der JuAr – eine langfristige Zusammenarbeit zwischen der öffentlichen Sozialhilfe und der Jugendberatung JuAr bietet sich an und wäre aus verschiedenen Gründen sinnvoll. Die öffentliche Sozialhilfe ist ein ambivalenter Kontext. Das soziale Existenzminimum ist das wichtigste gesellschaftspolitische Existenzminimum in der Schweiz und verhindert sozialen Ausschluss. Die Sozialhilfe ist aber auch ein Pflichtkontext. Sozialhilfebeziehende müssen ihre Bedürftigkeit vorweisen können und auch die Beratungsleistungen müssen mit den Zielen der Sozialhilfe im Einklang sein. Aktuell bemüht sich die Sozialhilfe in Zusammenarbeit mit einer Vielzahl an Akteuren, möglichst allen sozialhilfebeziehenden Jugendlichen und jungen Erwachsenen eine berufliche Integration zu ermöglichen. Sie hat damit einen klaren Fokus. Aus der Sozialhilfepraxis ist bekannt, dass die sogenannten «mehrfachkomplexen» Fällen ansteigen. Es handelt sich dabei um junge Menschen mit unterschiedlichen Lebens- und Problemlagen (psychische Belastungen, Suchtproblematiken, Schulden, Familienbrüche, Ausbildungslosigkeit etc.). Ergänzend zum Engagement der öffentlichen Sozialhilfe macht es deshalb Sinn, die weiteren Bedürfnisse dieser jungen Menschen durch eine niederschwellige, auf Freiwilligkeit basierende Jugendberatungsstelle abzudecken.» Ich wünsche Ihnen, Euch allen viel Vergnügen mit diesem Newsletter, einen wunderbaren Sommer und starke positive Vibrationen. One Love Herzlich Ihr Christian Platz, Präsident JuAr BaselJugendberatung: Endlich eine dritte Fachkraft an BordSeit Jahren – man kann bald sagen, Jahrzehnten – wird die Jugendberatung von JuAr Basel rege genutzt, mit schwerwiegenden, komplexen Fällen eingedeckt, ist in personeller Hinsicht gleichzeitig drastisch unterbesetzt und deshalb überlastet. Endlich wird aus dem zweiköpfigen Team ein Kleeblatt. Doch die günstige neue Situation ist noch nicht gesichert.Im sozialen Basel geniessen Christoph Walter und sein Team einen ausgezeichneten Ruf. Ihr niederschwelliges und – das gehört zur DNA von JuAr Basel – freiwilliges psychosoziales Beratungsangebot vollbringt seit Jahren beachtliche Leistungen. Schulden, Probleme in der Familie, mit der Finanzierung der Ausbildung, Armut, drohende Obdachlosigkeit. Eine Stadt in der Grösse von Basel hat natürlich ihre Schattenseiten, kennt Unglück und Ungerechtigkeit – und davon sind auch junge Menschen betroffen. Das Team unserer Jugendberatung verfügt, das Resultat jahrelanger – auch zäher – kontinuierlicher Arbeit, über das Wissen, die Vernetzung, die Methoden, die solchen jungen Menschen helfen. Unter den Fällen gibt es ausserordentlich dramatische Geschichten, die dank dem Einsatz unserer Leute nicht den schlimmstmöglichen Ausgang genommen haben. Wir haben in unseren Publikationen immer wieder solche Fälle geschildert (einiges davon kann auf unserer neu gestalteten Homepage www.juarbasel.ch nachgelesen werden). Abwarten, wenn es brenntInhaltlich ist die Jugendberatung von JuAr Basel eine grosse Erfolgsgeschichte. Die Kompetenzen, die hier erarbeitet wurden und stetig erweitert werden, sind von allen Basler Fachstellen im Jugendbereich anerkannt, staatlichen und institutionellen. Die Vernetzungspartner*innen schätzen und nutzen dieses Angebot. Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen finden den Weg hierher seit Jahren von selbst, wegen der Überlastung hat JuAr Basel nie Werbung für die Jugendberatung gemacht. Denn immer wieder hatte das Team so viele Fälle auf dem Tisch, dass Wartelisten eingeführt werden mussten, um laufende Fälle und deren Beratungsintervalle noch gewährleisten zu können. Die Niederschwelligkeit des offenen Angebotes ist damit sofort gefährdet, insbesondere bei der jungen Zielgruppe, die sich vielleicht das erste Mal in ihrem Leben um einen Beratungstermin bemüht. Für das Team ein ganz schlechtes Gefühl. Wenn es brennt, ist abwarten ja nicht gerade die beste Massnahme. Grosser DruckDie Finanzierung des Angebots hingegen, gestaltete sich immer problematisch. 140 Stellenprozente, finanziert durch das Erziehungsdepartement, verteilt auf zwei gut-ausgebildete, erfahrene Fachpersonen, in einer Position, die grossen Druck mit sich bringt, das ist schon lange nicht mehr angemessen für alle Jugendlichen und jungen Erwachsenen des Kantons Basel-Stadt. Während der Corona-Zeit hat sich der Ansturm der Fälle auf das Angebot vervielfacht und sie wurden zunehmend gravierender, so wie auch die Jugendpsychiatrie – und halt der gesamte Bereich der Jugendhilfe – an ihre Grenzen gestossen sind. Aus diesem Grund unterstützt das Gesundheitsdepartement die Jugendberatung mit zehn zusätzlichen Stellenprozenten, die, angesichts der wachsenden, beinahe unzumutbaren Belastung, hochwillkommen waren. Zugangsbeschränkungen verordnetDie Jugendberatung wurde vor einigen Jahren der Fachstelle Jugendhilfe des Erziehungsdepartements zugewiesen. Damit wurde sie aus dem Gesamtkuchen der Offenen Jugendarbeit der JuAr Basel gelöst. Dies bedeutet leider auch, dass für die Mittel, die dieses Angebot erhält, nun separat aufwendige Verhandlungen geführt werden müssen. An der realen Situation hat sich damit nicht viel geändert. Trotz der Belastung des Teams rückte die Schaffung einer dritten Stelle in weite Ferne. Auf die Belastung wurde unter anderem mit Zugangsbeschränkungen reagiert. So durfte die Jugendberatung in den letzten sieben Jahren keine jungen Erwachsenen mehr beraten, die Sozialhilfe beziehen, da keine Leistungsvereinbarungen zu Stande kamen. Das heisst: eine hochgradig volatile Klientel wurde einfach von einem freiwilligen Angebot der Offenen Jugendberatung ausgeschlossen. Für uns – offen gesagt – eine Absurdität. Care LeaverNun, gleichzeitig regten unsere Partner*innen vom Erziehungsdepartement an, dass sich das Team der Jugendberatung vermehrt um Care Leaver kümmern könnte, also um junge Leute, die aus einer Jugendhilfemassnahme kommen und sich nun ein eigenes Leben aufbauen müssen. Das freiwillige Beratungsangebot als Anschlusslösung an die beendete Massnahme, als sinnvolle Option bei bestehendem Bedarf. Hier ist der Einsatz der Jugendberatung auch präventiv zu sehen (wie unsere Leute auch immer wieder feststellen, wenn sie Schulbesuche machen: der Informationsbedarf bei jungen Erwachsenen, wenn es darum geht, Schuldenfallen zu vermeiden ist enorm hoch) und ausserordentlich hilfreich. Jetzt kommt der Clou: viele dieser Care Leaver werden von der Sozialhilfe unterstützt und waren deshalb bei der Jugendberatung von JuAr Basel ausgeschlossen… Auf unhaltbare Situation folgt Licht am HorizontDiese Situation wurde vom Team, der Geschäftsführung und dem Vorstand von JuAr Basel für unhaltbar erklärt. BASTA Grossrat Oliver Bolliger bereitete eine Motion an die Regierung vor, reichte sie ein… Und am 15. März dieses Jahres erhielten wir einen befreienden Brief vom Erziehungsdepartement: Zugangsbeschränkung aufgehoben. Offen ist jedoch noch die Frage nach zusätzlichen Stellenprozenten für den neuen Beratungsbedarf der jungen Erwachsenen mit Sozialhilfeunterstützung. Eine erneut wachsende Warteliste wäre fatal und würde erneut «Wegbrecher*innen» produzieren, die eigentlich dringend Handlungsbedarf anmelden, jedoch nicht zeitnah abgeholt werden können. Dank dem Aufbau des Care-Leaver-Projekts, konnten wir bereits eine weitere erfahrene Fachfrau anstellen, finanziert durch Eigenleistung. Ob diese Stelle auf nächstes Jahr gesichert werden kann, wird die Beantwortung unseres Finanzgesuchs durch das Erziehungsdepartement weisen. Die Jugendberatung ist nun erstmals in ihrer Geschichte mit drei Personen besetzt, zu 170 Stellenprozenten. Jetzt stehen Verhandlungen mit der Jugendhilfe an, dabei kann es nur unser Ziel sein, die derzeitige Situation für ein offenes, freiwilliges Beratungsangebot für die junge Zielgruppe – mindestens – zu sichern. Das Care-Leaver-Projekt sowie der nun wieder mögliche Zugang für junge Erwachsene aus der Sozialhilfe, stellt uns vor neue Herausforderungen, die auch mit veränderten Bedingungen für unser Team verknüpft sein müssen. Wie schön wäre es, wenn aus dem Lichtstreifen am Horizont ein Sonnenaufgang würde. Jugendzentrum EgliseeHohe Besucherzahlen nach Corona-Flaute –ein neuer Mittagstisch belebt den Laden zusätzlichEs steckt schon eine gewisse Ironie hinter der Geschichte, kaum war der neue Pavillon des Jugendzentrums Eglisee offiziell eröffnet, hat Covid zugeschlagen, bevor ihn sich die Jugendlichen und das Team so richtig zu eigen machen konnten. Momentan ist das Haus am Basler Stadtrand aber bestens gefüllt und verzeichnet Besuchsrekorde. Dazu kommt ein neuer Mittagstisch, der regelmässig Jugendliche im Alter zwischen 11 und 13 Jahren ins Haus bringt. Der Laden läuft!Früher Nachmittag im Jugi Eglisee, Bastian Bugnon und sein Team sind mit Büro-, Wartungs-, Aufräumarbeiten beschäftigt, heute Morgen hat ein neuer Praktikant angefangen, die Sonne scheint auf den Vorplatz, das Jugi ist in Ruhestellung, das wird sich am späten Nachmittag ändern. Heute steigt hier eine Abendveranstaltung der Queer-Gruppe, welche Jugendliche in Begleitung mit dem Team organisieren, im Wechsel mit Veranstaltungen speziell für Mädchen und solchen für Jungs. Grosszügige RaumverhältnisseSeit der Pavillon auf dem Gelände steht, ist hier viel mehr möglich als vorher. Dies spiegelt sich in der Kundschaft, tatsächlich verkehren Jugendliche im Alter zwischen 11 und 18 Jahren regelmässig hier. Wobei der Pavillon gegen Abend die Domäne der älteren Besuchenden ist, zu denen ein Vertrauensverhältnis besteht. Das Hauptgebäude, die Baracke, steht den jüngeren zur Verfügung. Letztere können allerdings während der ersten zwei Treffstunden in den Pavillon und die Sofalandschaft mit der guten Tonanlage, das Mischpult, welches Rap-Sessions ermöglicht oder einfach die Effektlichter geniessen. Bastian: «Sie werden behutsam an die Möglichkeiten des Pavillons herangeführt, wegen der Einrichtungen gelten hier natürlich spezielle Regeln.» Anstandslos und rücksichtsvoll integriertIm Einzugsgebiet dieses Jugendzentrums wohnt übrigens eine signifikante Zahl von Jugendlichen, die mit Beeinträchtigungen leben. Sie werden von den Besucher*innen des Jugis anstandslos und rücksichtsvoll integriert, auch die verschiedenen Altersgruppen haben keine Probleme miteinander, zumal eben die Älteren ihren eigenen Rückzugsort haben, den sie geniessen. Grosszügige Raumverhältnisse begünstigen die Vielfalt der Angebote in Jugendhäusern und die Diversität in der Gästeschar. Win-Win-Situation mit MittagstischSeit einiger Zeit ist hier nun ein neuer Mittagstisch integriert, die sechsten Klassen der Tagesstruktur Schoren kommen hier zum Mittagessen. Die meisten der Schülerinnen und Schüler wohnen sehr nahe an ihrer Schule, so bewegen sie sich den ganzen Tag im gleichen kleinen Umfeld. Der Mittagstisch im Jugi ist für sie ein Ausflug, ein Ersatz für den Schulweg, der ja bekanntlich ein ganz eigenes Lernfeld ist, den sie eigentlich nicht haben. Bastian: «Es ist lustig, gegen das neue schicke Schulhaus, in das diese Jugendlichen gehen, haben wir eher einen Barackencharme, aber es ist gemütlich. Und die Jugendlichen haben es über den Mittag gerne gemütlich.» Organisiert ist der Mittagstisch auf moderne Art und Weise, ein Buffet wird am Tresen des Jugi installiert, innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens können alle essen, wann und mit wem sie wollen. Der Mittagstisch ist im Jugendhaus eingemietet und organisiert sich selbst. Die Leute vom Team und die Praktikant*innen spielen manchmal mit den Jugendlichen. Einige von diesen Kids lernen so das Haus kennen und werden dann plötzlich Stammkunden, andere kennen es schon und finden es cool, dass sie hier essen können. Bastian Bugnon: «Es ist eine Win-Win-Situation.» Eröffnung des neuen Jugendzentrums BachgrabenBei bester Laune, mit einem Regierungsrat und rosarotem LachsLange Zeit lag die Zukunft dieses Jugi am Basler Stadtrand im Ungewissen. Die Räume waren schon lange zu klein für den Andrang. Wir wussten, dass die Baracke dem Ausbau des Schulhauses weichen würde. Irgendwann. Wir wussten aber nicht, wo der Betrieb weitergehen könnte, haben jahrelang gesucht, recherchiert, lobbyiert. Diese Ungewissheit war für das Team des Hauses schwer auszuhalten. Am 12. Mai fand alles Zittern und Zagen ein Ende, mit dem grossen Eröffnungsknall für das fantastische neue Jugendzentrum.Die Baracke war zwar klein, war jedoch Schauplatz ausserordentlich wertvoller Jugendarbeit. Harte Gang-Jungs benahmen sich hier anständig, teilten sich die wenigen Quadratmeter mit Mädchengruppen, Manga- und Comic-begeisterten Teenagern, jungen Leuten, die Rockmusik machen wollen und noch vielen, vielen anderen. Hier konnten sich ganz unterschiedliche Interessenswelten nebeneinander ausdehnen, ohne zu kollidieren, in einer gedeihlichen Atmosphäre. HipHop, Punk Rock, Techno, Metal, mit allen musikalischen Wassern der Jugendkulturen waren die Wände der alten Baracke gewaschen, in der Steffi Schöchle und Ufuk Tan wirkten, als Team mit traumhaft sicherer Arbeitsteilung. Beide haben ganz unterschiedliche Talente, die sich bestens ergänzen, die in der Summe starke, engagierte und eigenständige Offene Jugendarbeit hervorbringen. Eine Praktikumsstelle rundet das Personal des Hauses ab. Das ist ein kleines Team, aber absolut dazu in der Lage, mit einem grossen, diversen jungen Publikum auf wenig Raum ein prima Klima anzurichten. Einem Publikum übrigens, das seinem Jugi in beeindruckender Loyalität verbunden ist, immer wieder Mal kommen ehemalige Stammgäste zu Besuch, die hier aufgewachsen sind, um den Ort und die Leute wiederzusehen. Nun haben die JuAr-Basler beim Bachgraben – endlich – jene Raumhülle zur Verfügung, die ihr Angebot verdient. ZwischenspielHier möchte ich noch kurz das Zwischenspiel erwähnen, das Jugi Bachgraben hat die letzten Monate nämlich in einem Provisorium verbracht, an der Missionsstrasse, unmittelbar neben der dominanten Gebäudehülle des ehemaligen Sex-Kinos Corso. Nach einem langen Prozess, mit einigem Hin und Her garniert, wussten wir schon seit einiger Zeit, wo das Jugendhaus hinkommen würde, das Bachgraben-Team und die Geschäftsleitung von JuAr Basel wurden von unseren Partnern beim Erziehungsdepartement auch – zunehmend – stark und wirksam in alle Prozesse einbezogen. Am Ende war es eine prima Zusammenarbeit zwischen unserer Organisation und der Stadt Basel. Doch zwischen Auszug und Eröffnung klaffte eine zehnmonatige Lücke, die das Team, aus eigener Kraft – gerade noch –, mit einer Zwischennutzung füllen konnte. Eine nervenzehrende Stressaktion; aber geglückt. Let’s Party, 12. MaiAlle waren allerbester Laune, in jenen späten Nachmittagsstunden des 12.Mai 2022, als – gleich neben dem Eingang des Gartenbads – das neue Jugi Bachgraben eröffnet werden konnte, zweistöckig, mit Umschwung, eine ganz feine Sache. Regierungsrat Conradin Cramer und seine Fachleute vom Erziehungsdepartement, Elsbeth Meier und Albrecht Schönbucher, das Geschäftsführungsteam von JuAr Basel, alle Mitarbeitenden, Vorstands- und Vereinsmitglieder, Freund*innen, Bekannten und Zugewandten, jung und alt, die wir zur grossen Eröffnung begrüssen durften, waren bestens gelaunt. Das Team hatte, kurz vor der Feier, noch einen Wasserschaden im Haus überstanden, bis zu den Knöcheln im nassen Element gestanden, eine erste, nicht gerade erfreuliche Taufe… – Ich traf einen jungen Mann, einen Stammkunden des Hauses, als ich den Garten hinter dem Gebäude eine halbe Stunde vor der Feier besichtigte, eine elektrische Gitarre in seinen Händen. 2020 hatte ich ihn für das JuAr Basel-Magazin interviewt, zu Corona, seinen Berufswünschen, zum Jugi Bachgraben. Er erzählte mir, dass er während dem Lockdown mit dem Gitarrenspielen angefangen habe, mit Hilfe von You-Tube-Tutorials. Nun ist er Gitarrist einer neuen jungen Band. Und diese Formation war der rosarote Lachs auf unserem Eröffnungsbuffet, sie hat für die würdige Musik zum Fest gesorgt, nämlich anständig abgerockt und heisst: «Salmon Pink». Eine erfreuliche Begegnung. Ich durfte die Veranstaltung, alle haben gnädig kurze und lebendige Reden gehalten, anmoderieren, dabei kam ich nicht umhin, zu erwähnen, dass wir uns im 80. Geburtstags-Jahr unserer Organisation befinden. Die Eröffnung war deshalb auch ein wundervolles Geburtstagsgeschenk. Conradin Cramer, der später natürlich noch das Band am Eingang durchschnitt, hatte ebenfalls ein Präsent dabei, eine ganz flotte Game-Box, Marke und Ausführung natürlich bedürfnisorientiert mit dem Team des Hauses abgeklärt, und freute sich sichtlich über die Einweihungsparty, die – dies räumte er mit sympathischer Ehrlichkeit ein – doch einiges zu spät erfolge. Danach beleuchteten Albrecht Schönbucher und Steffi Schöchle Hintergründiges und Erbauliches zum freudigen Anlass. Unzählige Jugendliche nahmen ihr neues zweites Zuhause danach sofort in Beschlag. Im Anschluss: Rock’n’Roll mit Salmon Pink – und natürlich Party in allen Stockwerken! Bei JuAr Basel die Ausbildung gemacht – und heute…?Marina Peter, Koordinatorin Vernetzung & Begleitung mit Schwerpunkt Qualität & Entwicklung bei netz – dem Dachverband der Jugendtreffs und -zentren in Südtirol (Italien).JuAr Basel ist auch ein Ausbildungsort. Die solide und tiefgehende Praxiserfahrung, die unsere Organisation Praktikanten*innen, Studierenden, Lernenden ermöglichen kann, stösst schon seit langer Zeit auf rege Nachfrage. Die Liste der Leute, die bei der JuAr Basel/BFA eine Ausbildung absolviert haben, ist lang. Dies ist der zweite Teil einer Serie, die unseren Newsletter für einige Zeit begleiten soll, wir fragen Leute, die bei uns in die Jugendarbeit eingestiegen sind, nach ihrer heutigen Tätigkeit. Jugendarbeit, Reisen, Tourismus, SprachenSie hat zunächst das KV abgeschlossen, hat bei SWISS in der Lehrlingsabteilung gewirkt und bei JuAr Basel ihre Erstausbildung im Bereich der Sozialpädagogik mit Schwerpunkt Jugendarbeit & Soziokultur gemacht. Sie hat bei uns im Badhuesli Jugend & Kultur St. Johann den Betrieb des Offenen Treffs mit in die Hand genommen, ideenreich, engagiert, geschickt im Aufziehen von Projekten. Marinas Arbeitsweise war immer inspiriert, mitreissend, konzeptstark. Als sie uns verlassen hat, war dies ein Verlust für unsere Organisation. Doch es war auch kein Wunder, bei einer Frau, die ihre beruflichen Interessen folgendermassen beschreibt: Jugend- & Kulturarbeit, Reisen, Tourismus, Sprachen und Kulturen. Eins ist sicher: Stagnieren ist nichts, für Marina Peter. «In Basel geniesst die Offene Jugendarbeit eine privilegierte Stellung, das ist mir hier in Südtirol schnell bewusst geworden. In Schweizer Städten ist vieles schon da, vieles schon lange gegeben. Das ist hier anders, hier hat man mehr Spielraum, kann man mehr gestalten», erklärt sie. Die Dachorganisation netz, für die Martina nun arbeitet, hat 53 Trägerschaften, umfasst Jugendvereine, Jugendgruppen, Jugendzentren, die gesamten Einrichtungen der Offenen Jugendarbeit in der Region Südtirol. Statt Südamerika SüdtirolMan könnte sich Marina, wenn man sie kennt, bestens auf einem anderen Kontinent vorstellen, in einem verrückten Projekt. Wie ist sie ausgerechnet in Bozen gelandet, der Hauptstadt Südtirols, einem der grossen städtischen Zentren des Alpenraums, mit 100'000 Einwohnenden und einem grossen ländlichen Einzugsgebiet? Südtirol ist ja Teil der autonomen Region Bozen-Trentino, der nördlichsten Provinz Italiens, es ist bikulturell: Deutsch stösst hier auf Italienisch – und erzeugt einen Dialekt, den man erst mal verstehen muss. Und dieses Südtirol ist ja gar nicht so weit von der Schweiz entfernt… Marina: «Ich habe im Kinderbüro Basel gearbeitet, habe unter anderem das Projekt KinderMitWirkung (Kinderparlament) mitgeleitet, war in verschiedene Projekte involviert – und wollte eigentlich eine lange Reise durch Südamerika antreten. Dort wollte ich mein Spanisch verbessern und – wer weiss – vielleicht sogar etwas arbeiten. Dann ist Covid gekommen. Und ich habe damit angefangen, Stellen in Italien zu googeln, wo meine familiären Wurzeln liegen, wo ich einen Teil meiner Kindheit verbrachte.» Allerlei Städte oder Regionen hätten ihr dabei vorgeschwebt. Südtirol war nicht darunter. Das zweisprachige Umfeld war dann dreisprachig«Aber da war dann plötzlich diese Ausschreibung», so Marina, «…der Job beinhaltete Aufbau und Entwicklung dieser neuen Fachstelle. In Italien arbeiten, Neues lernen, in einem zweisprachigen Umfeld, das hat mich mega gereizt. Ich habe mich also beworben, wurde angestellt.» Sie ist dann mitten im Lockdown, der ja an ihrem neuen Arbeitsort besonders streng war, mit einer Sonderbewilligung nach Italien eingereist und hat die Stelle angetreten. Marina: «Ich war auf Zweisprachigkeit vorbereitet, den Dialekt hatte ich allerdings nicht auf dem Schirm. Das ist wie eine dritte Sprache, mit der musste ich erst mal klarkommen.» Der Anfang war nicht einfach, es war ganz schwierig, neue Kontakte aufzubauen, ein Netzwerk zu pflegen und zu erweitern. Inzwischen aber ist Marina voll in der Materie drin. Geübt im BrückenschlagenDie Ausgangslage, von der Marina berichtet, ist eine ganz andere als jene in Basel: «In den Schweizer Städten sind die Angebote der Offenen Jugendarbeit ja von Migrant*innenkids geprägt. Hier ist das noch kein so grosses Thema. Migration findet grösstenteils im Lande selber statt (Süden – Norden von Italien) und somit ist die grösste Herausforderung die Zusammenarbeit zwischen deutsch- und italienisch- sprachiger Jugendarbeit. «Die Jugendlichen untereinander in den Städten – allerdings dominiert die ländliche Offene Jugendarbeit das Feld - begegnen Menschen aus anderen Kulturen sehr offen. Das hat auch damit zu tun, dass in Südtirol zwei Kulturen das Zusammenleben gelernt haben. Hier sind die Leute geübt im Brückenschlagen, zwischen unterschiedlichen Lebensphilosophien, Eigenarten, Auffassungen. Das heisst aber immer noch, dass es viel Arbeit braucht, wenn diese Brücken auch halten sollen. Diese tolerante Haltung, diesen Blick über den Tellerrand hinaus, vermitteln unsere beruflichen Jugendarbeitenden auch den Jugendlichen. Als ich angefangen habe, galt es, eine Teamkultur aufzubauen, mit einer Gruppe von Leuten, die über ein grosses Gebiet verteilt sind. Während des Lockdowns musste der Austausch digital stattfinden. Die Jugendlichen, die hier auf dem Land wohnen, waren in dieser Zeit übrigens extrem isoliert, haben stark gelitten, das war schon eine heftigere Situation als in der Stadt.» Willkommener Blick von aussenAnsonsten hat Marina gut im netz angefangen, sie hat einen Vertrauensvorschuss genossen, ihre Aussensicht und ihr systemischer Blick seien hochwillkommen gewesen. Teambildung, Rollenverteilung, fliessende Zusammenarbeit, Workshops und Austausch zu Themen wie Kinderrechte, Gender, Gewalt, Alkohol, digitale Mittel in der Offenen Jugendarbeit und viele andere Themen bilden nun Marina Peters weiten Arbeitshorizont. Sie sagt: «Mir gefallen der Drive und die Energie hier. Ich habe mich langsam eingelebt.» Einzugsgebiet und Angebote der Organisation netz im Südtirol
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