Geldwäschereibekämpfung:

Neue Regeln beinhalten Handlungsbedarf für Schweizer Gesellschaften

Ab 1. Juli dieses Jahres treten im Rahmen der Geldwäschereibekämpfung neue Transparenzvorschriften in Kraft. Bei deren Verletzung drohen empfindliche Sanktionen sowohl für die Gesellschafter als auch für die Geschäftsführungsorgane.

Der Bundesrat setzt per 1. Juli 2015 den ersten Teil des neuen Bundesgesetzes zur Umsetzung der 2012 revidierten Empfehlungen der Groupe d'action financière (GAFI) betreffend die Verschärfung der Geldwäschereibestimmungen in Kraft. Dies betrifft insbesondere die Bestimmungen im Obligationenrecht betreffend mehr Transparenz bei juristischen Personen. Nachfolgend werden am Beispiel der Aktiengesellschaften die wichtigsten Transparenzvorschriften und drohenden Sanktionen zusammengefasst und erläutert, wann Handlungsbedarf besteht. Die Änderungen betreffen darüber hinaus GmbHs und Genossenschaften. Schliesslich sind innerhalb von zwei Jahren seit Inkrafttreten die Statuten und Reglemente dieser Schweizer Gesellschaften an die neuen Bestimmungen anzupassen.

Keine Anonymität des neuen Aktionärs mehr beim Erwerb von nicht börsenkotierten Inhaberaktien

Bisher konnte, wer eine Inhaberaktie erwarb, grundsätzlich anonym bleiben. Dies ist zukünftig nicht mehr möglich. Wer auch nur eine Inhaberaktie erwirbt, muss den Erwerb, seinen Vor- und Nachnamen sowie seine Adresse der Gesellschaft melden. Der Erwerber muss sich gegenüber der Gesellschaft identifizieren (durch amtlichen Ausweis mit Foto oder durch einen Handelsregisterauszug). Der Aktionär muss der Gesellschaft jede Änderung seines Vor- oder Nachnamens oder seiner Firma sowie seiner Adresse melden. Anders als im Börsenrecht gibt es keine Schwellenwerte für diese Meldevorschriften. Der Verwaltungsrat muss ein Verzeichnis führen, welches neben dem Vor- und Nachnamen oder der Firma und der Adresse auch die Staatsangehörigkeit und das Geburtsdatum des Erwerbers oder Aktionärs enthält. Die Vorgaben des Gesetzgebers gehen damit über das hinaus, was das Gesetz im Fall von Namenaktien verlangt.   

Das Gesetz sieht vor, dass die Generalversammlung beschliessen kann, dass die Meldung nicht an die Gesellschaft, sondern an einen Finanzintermediär zu erstatten ist. In der Botschaft wird darauf hingewiesen, dass die Beziehung zwischen der Gesellschaft und dem Finanzintermediär so ausgestaltet werden kann, dass die Anonymität der Aktionäre gegenüber der Gesellschaft gewahrt ist. Der Verwaltungsrat bezeichnet den Finanzintermediär und macht den Aktionären bekannt, wen er bezeichnet hat.

Pflicht zur Meldung der wirtschaftlich berechtigten Personen sowohl bei Namen- als auch bei Inhaberaktien

Wer Aktien einer Gesellschaft, deren Aktien nicht an einer Börse kotiert oder als Bucheffekten ausgestaltet sind, erwirbt und dadurch den Grenzwert von 25% des Aktienkapitals oder der Stimmen erreicht oder überschreitet, muss der Gesellschaft den Vor- und Nachnamen und die Adresse der natürlichen Person(en) melden, für die er letztendlich handelt (wirtschaftlich berechtigte Person) bzw. bestätigen, dass er selbst die wirtschaftlich berechtigte Person ist. Diese Meldepflicht besteht sowohl beim Erwerb von Inhaber- als auch von Namenaktien. Anders als im Offenlegungsrecht bei börsenkotierten Gesellschaften trifft die Pflicht zur Meldung nicht die wirtschaftlich berechtigten Personen, sondern den Inhaber der Aktie. Der Aktionär muss der Gesellschaft jede Änderung des Vor- oder des Nachnamens oder der Adresse der wirtschaftlich berechtigten Personen melden.

Die Gesellschaften müssen ein Verzeichnis über die gemeldeten wirtschaftlich berechtigten Personen führen.

Soweit die Meldepflicht aus dem Erwerb von Inhaberaktien resultiert, kann die Gesellschaft durch Generalversammlungsbeschluss die Meldung wiederum an einen Finanzintermediär statt an die Gesellschaft selber vorsehen. Diese Möglichkeit besteht nicht beim Erwerb von Namenaktien.

Aufbewahrungspflicht für die gemeldeten Informationen

Die Belege, welcher einer Meldung zugrunde liegen, müssen während zehn Jahren nach der Streichung einer Person aus dem Verzeichnis aufbewahrt werden. Das Verzeichnis muss so geführt werden, dass in der Schweiz jederzeit darauf zugegriffen werden kann. Mindestens ein Verwaltungsrat oder ein Direktor mit Wohnsitz in der Schweiz muss Zugang zu den Verzeichnissen (sowie im Fall von Namenaktien zum Aktienbuch) haben. Hat die Gesellschaft einen Finanzintermediär bezeichnet, ist dieser für die Führung der Verzeichnisse und die Auf-bewahrung der Belege zuständig.

Sanktionen im Fall der Verletzung der Pflicht zur Meldung des neuen Aktionärs bei Inhaberaktien oder der Pflicht zur Meldung der wirtschaftlich berechtigten Personen bei Inhaber- oder Namenaktien

Sowohl die Pflicht zur Meldung des neuen Inhaberaktionärs als auch die Pflicht zur Meldung der wirtschaftlich berechtigten Personen sind innerhalb eines Monats seit Erwerb zu erfüllen.  Solange der Aktionär seinen Meldepflichten nicht nachkommt, ruhen die entsprechenden Stimm- und andere Mitgliedschaftsrechte. Er kann ausserdem die entsprechenden Vermögensrechte (insb. das Recht auf Dividende) nicht geltend machen. Hervorzuheben ist, dass der Aktionär, wenn er seinen Meldepflichten nicht innert Monatsfrist seit Erwerb nachkommt, die Vermögensrechte verwirkt. Auch wenn er also die Meldung zu einem späteren Zeitpunkt nachholt, kann er nur noch die ab dem Meldezeitpunkt entstehenden Vermögensrechte geltend machen.

Haftungsrisiken für Verwaltungsratsmitglieder

Der Verwaltungsrat muss sicherstellen, dass keine Anteilseigner unter Verletzung der Meldepflichten ihre Rechte ausüben, d.h. insbesondere an der Generalversammlung teilnehmen oder eine Dividende beziehen. Andernfalls drohen den Mitgliedern des obersten Leitungsorgans Verantwortlichkeitsansprüche nach Art. 754 OR. Ausserdem wären entsprechende Generalversammlungsbeschlüsse unter Umständen wegen der Teilnahme Unbefugter anfechtbar. In Bezug auf Dividendenauszahlungen an einen säumigen Aktionär stellt sich schliesslich die Frage, ob es sich dabei um eine unerlaubte Einlagerückgewähr durch die Gesellschaft oder um eine verdeckte Gewinnausschüttung handelt.

Keine Meldepflichten bei Bucheffekten

Keine Meldepflicht gegenüber der Gesellschaft oder dem von der Gesellschaft bestimmten Finanzintermediär besteht dann, wenn die Aktien als Bucheffekten ausgestaltet, d.h. bei einer Verwahrungsstelle hinterlegt oder registriert sind. Hier obliegt es der Verwahrungsstelle die notwendigen Abklärungen zum Inhaber, Kontrollinhaber und den wirtschaftlich berechtigten Personen, wie im Geldwäschereigesetz und den entsprechenden Ausführungsvorschriften vorgesehen, vorzunehmen. Das Gesetz sieht keine Verwirkung der Vermögensrechte vor.

Viele Fragen ungeklärt

Die Konsequenzen einer Verletzung der neuen Transparenzvorschriften sind sowohl für den Aktionär als auch für den Verwaltungsrat hart. Umso mehr erstaunt es, dass dieser Teil der Revision in Kraft gesetzt wurde, obwohl das Gesetz viele Fragen nicht explizit adressiert. Beispielhaft seien folgende Fragen herausgegriffen:

  • Wer ist als wirtschaftlich berechtigte Person anzusehen? Gibt es Schwellenwerte und wenn ja, welche?
  • Was geschieht, wenn ein Aktionär über die zu meldenden Informationen nicht verfügt, da er z.B. seinen Sitz im Ausland hat und die wirtschaftlich berechtigten Personen ihm gegenüber keiner Meldepflicht unterliegen?
  • Genügt es, wenn börsenkotierte Unternehmen, welche Anteile an Schweizer Tochtergesellschaften halten, die ihnen als wirtschaftlich berechtigte Personen gemäss Offenlegungsrecht gemeldeten Personen melden?
  • Gelten die Ausnahmen von den Meldepflichten auch dann, wenn die Aktien nur an einer ausländischen Börse kotiert sind?
  • Gilt die Verwirkung auch, wenn Namensänderungen nicht innerhalb der Monatsfrist mitgeteilt werden?
  • Was gilt bei Partizipationsscheinen?

Übergangsbestimmungen

Personen, die am 1. Juli 2015 bereits Inhaberaktien halten, müssen ihrer entsprechenden Meldepflicht innert Monatsfrist nachkommen. Dies gilt auch in Bezug auf die Meldung der wirtschaftlich berechtigten Personen. Die Frist für die Verwirkung der Vermögensrechte läuft erst (aber immerhin) am 31. Dezember 2015 ab. Das Ruhen der Stimmrechte gilt mit Wirkung ab dem 1. August 2015.

Keine nachträgliche Meldepflicht besteht für Namenaktionäre, die bereits vor dem 1. Juli 2015 im Besitz von Aktien sind. Die Meldepflichten entstehen mit anderen Worten erst für Namenaktien, welche ab 1. Juli 2015 erworben werden.

Was ist zu tun?

Angesichts der drakonischen Sanktionen empfehlen wir, dass Aktiengesellschaften mit Inhaberaktien prüfen sollten, ob sie ihre Inhaberaktien in Namenaktien umwandeln wollen oder ob dies insbesondere bei einem sehr breiten Aktionärskreis eine Ausgestaltung als Bucheffekten, d.h. eine Hinterlegung bei einer Verwahrungsstelle erfolgen soll. Der Entscheid sollte möglichst rasch, spätestens aber vor dem nächsten Dividendentermin erfolgen.

Wenn Aktiengesellschaften Inhaberaktien beibehalten wollen, sollte geprüft werden, ob ein Finanzintermediär beauftragt werden soll und wenn ja, ob die Auskunftsrechte gegenüber der Gesellschaft zur Wahrung der Anonymität beschränkt werden sollen.

Börsenkotierte Gesellschaften, welche Anteile an Schweizer Tochtergesellschaften halten, sollten die Entwicklung der Praxis beobachten und eine Ausgestaltung als Bucheffekten für die Tochtergesellschaft in Betracht ziehen. Dies jedenfalls dann, wenn sie nicht 100% der Schweizer Tochtergesellschaften halten.

Alle Aktiengesellschaften (mit Inhaber- oder Namenaktien) sollten so rasch als möglich die notwendigen Vorbereitungsmassnahmen treffen, damit sie ab dem 1. Juli 2015 ihren Pflichten in Bezug auf die Führung der Verzeichnisse und die Aufbewahrung der Belege nachkommen können. Bei Schweizer Gesellschaften, an denen juristische Personen beteiligt sind, sollte sich der Verwaltungsrat mit der Frage auseinandersetzen, wie im konkreten Fall die Pflicht zur Meldung der wirtschaftlich berechtigten Personen umzusetzen ist. In Anbetracht der Unklarheiten muss jedenfalls vor dem nächsten Dividendentermin geprüft werden, ob die Umsetzung angepasst werden muss, um Haftungsansprüche gegen den Verwaltungsrat zu verhindern.

Personen, welche Inhaberaktien einer Schweizer Aktiengesellschaft halten, sollten sich vorbereiten, damit sie die entsprechenden Informationen bis zum 1. August 2015 der Aktiengesellschaft zur Verfügung stellen können.

Der Herausgeber übernimmt keine Haftung oder Garantie für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit der hier zur Verfügung gestellten Informationen.

Autoren

Dr. Jana Essebier
Dr. Jana Essebier

jana.essebier@vischer.com

Dr. Stefan Grieder
Dr. Stefan Grieder

sgrieder@vischer.com

VISCHER AG