Schweizer Steuerreform und AHV-Finanzierung (STAF)
Am 17. September 2018 hat das Parlament die Unternehmenssteuerreform (Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF)) verabschiedet. Die STAF wird einerseits die kantonalen Steuerprivilegien, wie z.B. Holding- oder gemischte Gesellschaften abschaffen, andererseits aber auch neue Massnahmen zur Erhaltung der Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Schweiz einführen. Zusätzlich zu diesen Massnahmen planen die Kantone ihre ordentlichen Ertrags- und Kapitalsteuersätze (gültig für alle Unternehmen) drastisch zu senken. Insgesamt werden diese Entwicklungen für die meisten Unternehmen in der Schweiz
zu einer günstigeren Besteuerung führen. Besonders innovative Unternehmen werden gefördert. Die vorgesehenen Massnahmen sind die folgenden:
Patentbox
Auf kantonaler Ebene werden Gewinne aus Patenten und ähnlichen Rechten auf Antrag tiefer besteuert. Die maximale Ermässigung beträgt 90 % des jeweiligen Gewinns. Die Entlastung basiert auf dem modifizierten Nexus-Ansatz und steht damit im Einklang mit den OECD-Standards.
Zusätzliche Abzüge für Forschung und Entwicklung
Auf kantonaler Ebene können Abzüge von bis zu 150% des in der Schweiz anfallenden Forschungs- und Entwicklungsaufwands (anrechenbarer F&E-Aufwand) gewährt werden. Der anrechenbare F&E-Aufwand errechnet sich aus dem angefallenen F&E- Personalaufwand zuzüglich eines Zuschlags von bis zu 35% auf diesem Aufwand für andere F&E-Kosten und 80% des von Dritten in der Schweiz erbrachten F&E-Aufwandes.
Abzug für Eigenfinanzierung (fiktiver Zinsabzug)
Die STAF sieht weiter die Möglichkeit vor, dass (zukünftige) Hochsteuerkantone, deren Hauptort einen effektiven Gewinnsteuersatz von mindestens 18.03% über den gesamten Tarifverlauf hat, einen Abzug von fiktiven Zinsen auf dem überschüssigen Eigenkapital (d.h. Eigenkapital, das bestimmte Schwellenwerte übersteigt) gewähren. Zurzeit wird erwartet, dass nur der Kanton Zürich einen solchen fiktiven Zinsabzug einführen wird.
Entlastungsbegrenzung
Die steuerliche Entlastung aufgrund der Patentbox, der zusätzlichen Abzüge für F&E und des Abzugs für Eigenfinanzierung dürfen 70% des steuerbaren Gewinns vor Anwendung dieser Sonderregelungen nicht überschreiten (d.h. Massnahmen dürfen den zu versteuernden Gewinn insgesamt nicht auf weniger als auf 30% reduzieren). Die Kantone können eine geringere Gesamtentlastung festlegen.
Weitere Vorteile
Aufdeckung stiller Reserven
Unternehmen, die materielle oder immaterielle Vermögenswerte, Betriebe, Funktionen oder ihren Hauptsitz aus dem Ausland in die Schweiz verlegen, können in den ersten Jahren von zusätzlichen Abschreibungen profitieren. Im Zeitpunkt des Zuzuges in die Schweiz dürfen sie ihre stillen Reserven (Differenz zwischen dem Buchwert eines Vermögenswertes und dem Marktwert) inklusive Goodwill ohne Besteuerung aufdecken. Daher können diese Vermögenswerte in den Folgejahren – maximal 10 Jahre – von zusätzlichen Abschreibungen profitieren. Bei einem Transfer aus der Schweiz ins Ausland wird, wie bereits heute, eine Wegzugsteuer auf den stillen Reserven fällig.
Anpassungen bei der Kapitalsteuer
Die Kantone können Massnahmen zur Senkung der Kapitalsteuer auf das Eigenkapital im Zusammenhang mit Beteiligungen, konzerninternen Darlehen sowie Patenten und ähnlichen Rechten vorsehen.
Zusätzliche Aspekte
Sondersatzlösung
Während einer fünfjährigen Übergangszeit wird eine vorübergehende Sondersatzlösung vorgesehen, um den Unternehmen, die ihre privilegierte Behandlung als Statusgesellschaft verlieren, den Statuswechsel zu erleichtern.
Anpassungen beim Kapitaleinlageprinzip: 50 / 50 Aufteilungsregel
Unternehmen, die an der Schweizer Börse kotiert sind, werden neu Rückzahlungsbeschränkungen für Reserven aus Kapitaleinlagen zu berücksichtigen haben. Derzeit können Reserven aus Kapitaleinlagen in unbeschränkter Höhe steuerfrei an die Aktionäre ausbezahlt werden. Künftig muss für jeden zurückbezahlten Franken steuerfreier Kapitaleinzahlungsreserven ein Franken steuerpflichtige Dividende ausgezahlt werden. Bei grenzüberschreitenden Umstrukturierungen und im Konzernverhältnis gelten Ausnahmen.
Erhöhung der Dividendenbesteuerung
Die Dividendenbesteuerung für Personen mit einer qualifizierenden Beteiligung von mindestens 10% des Aktienkapitals wird auf Bundesebene von 60% auf 70% und auf kantonaler Ebene auf mindestens 50% erhöht.
AHV-Finanzierung
Im Sinne eines sozialen Ausgleichs werden die Lohnbeiträge von Arbeitgeber und Arbeitnehmer an die AHV jeweils um 0.15% erhöht.
Timing
Die wichtigsten Teile der STAF, wie z.B. die Abschaffung der privilegierten Steuerregimes, die Patentbox und der zusätzliche F&E-Abzug, treten am 1. Januar 2020 in Kraft. Die Kantone müssen bis dahin ihre kantonalen Steuergesetze überarbeiten, sie können aber erste Massnahmen (Sondersatzlösung) bereits früher umsetzen. Es ist anzunehmen, dass einzelne politische Parteien das Referendum gegen die STAF ergreifen werden (Frist ist Mitte Januar 2019). Über ein allfälliges Referendum würde am 19. Mai 2019 abgestimmt werden. Es bleibt zu hoffen, dass die Steuerreform dieses Mal vom Stimmvolk angenommen wird.
Fazit
Die Maßnahmen der STAF zielen darauf ab, innovative Unternehmen und lokale F&E zu fördern. Zusammen mit den geplanten substanziellen Steuersenkungen auf kantonaler Ebene wird die STAF aus Sicht der meisten Unternehmen die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Schweiz sichern oder sogar erhöhen.
Die folgende Tabelle enthält eine Übersicht über die Auswirkungen der wichtigsten Massnahmen der STAF: