Herkunftsangaben nach revidiertem Marken- und Wappenschutzgesetz

Swissness-Vorlage verabschiedet

Das Schweizer Parlament hat am 21. Juni 2013 die sog. "Swissness-Vorlage" verabschiedet. Ziel der 2006 initiierten Revision des Markenschutzgesetzes ("revMSchG") und des Wappenschutzgesetzes ("revWSchG") ist der stärkere Schutz der Herkunftsbezeichnung "Schweiz" und des Schweizerkreuzes im Inland sowie die erleichterte Rechtsdurchsetzung im Ausland. Das revidierte Markenschutzgesetz enthält explizite Regeln zur Bestimmung der Herkunft für Naturprodukte, Lebensmittel, andere Produkte und Dienstleistungen. Die Gesetze unterstehen dem fakultativen Referendum. Das Datum des Inkrafttretens steht noch nicht fest.

Das revidierte Markenschutzgesetz enthält explizite Regeln zur Bestimmung der Herkunft für Naturprodukte, Lebensmittel, andere Produkte und Dienstleistungen.

A. Herkunftsbestimmung für Naturprodukte
Als Naturprodukte gelten bspw. Pflanzen, Mineralwasser oder Tiere. Ihre Herkunft wird wie folgt bestimmt (Art. 48a revMSchG):

  • für mineralische Erzeugnisse: Ort der Gewinnung.
  • für pflanzliche Erzeugnisse: Ort der Ernte.
  • für Fleisch: Ort, an dem die Tiere den überwiegenden Teil ihres Lebens verbracht haben.
  • für andere aus Tieren gewonnene Erzeugnisse: Ort der Haltung.
  • für Jagdbeute und Fischfänge: Ort der Jagd oder des Fischfangs.
  • für Zuchtfische: Ort der Aufzucht.

B. Herkunftsbestimmung für Lebensmittel
Für Lebensmittel - mit Ausnahme der Naturprodukte - wird die Herkunft künftig kumulativ nach einem Gewichtskriterium und dem Ort der Verarbeitung bestimmt:

  • Regelfall: Ort, von dem mindestens 80% des Gewichts der Rohstoffe des Lebensmittels kommen (Art. 48b Abs. 2 erster Satz revMSchG).
  • Sonderfall Milch und Milchprodukte: 100% des Gewichts des Rohstoffs Milch müssen von dem als Herkunft bezeichneten Ort stammen
    (Art. 48b Abs. 2 zweiter Satz revMSchG).

Für die Berechnung ist das Gewicht der Rohstoffe zu berücksichtigten, für welche die Schweiz einen Selbstversorgungsgrad von mindestens 50% aufweist. Liegt der Selbstversorgungsgrad darunter, so muss höchstens die Hälfte des Gewichts des betroffenen Rohstoffs angerechnet werden (Art. 48b Abs. 4 revMSchG).

Bei der Gewichtsbemessung nicht berücksichtigt werden Naturprodukte (Art. 48b Abs. 3 revMSchG):

  • die wegen natürlichen Gegebenheiten nicht am Herkunftsort produziert werden können (z.B. Kakao),
  • oder die temporär am Herkunftsort nicht in genügender Menge verfügbar sind (z.B. schlechte Ernten aufgrund ungünstiger Witterung, Tierseuchen).

Zudem muss die Herkunftsangabe dem Ort entsprechen, an dem die Verarbeitung stattgefunden hat (Art. 48b lit. 5 revMSchG).

C. Herkunftsbestimmung für industrielle Produkte
Industrielle Produkte gehören zu den "anderen Produkten" in Abgrenzung zu Naturprodukten oder Lebensmitteln. Für diese anderen Produkte bestimmt sich die Herkunft gemäss revidiertem Markenrecht künftig kumulativ nach den Herstellungskosten und dem wesentlichen Verarbeitungsschritt.

Für industrielle Produkte erhöht sich die Kostenschwelle gegenüber der bisherigen Praxis, es können jedoch mehr Kostenpositionen angerechnet werden als bisher. Die Herkunft entspricht künftig dem Ort, an dem mindestens 60% der Herstellungskosten anfallen (Art. 48c Abs. 1 revMSchG).

Relevante Herstellungskosten sind:

  • Kosten für Fabrikation und Zusammensetzung.
  • Kosten für Forschung und Entwicklung.
  • Kosten für gesetzlich vorgeschriebene oder branchenweit einheitlich geregelte Qualitätssicherung und Zertifizierung.

Von der Berechnung explizit ausgeschlossen sind:

  • Kosten für Naturprodukte, die wegen natürlicher Gegebenheiten nicht am relevanten Ort produziert werden können.
  • Kosten für Rohstoffe, die aus objektiven Gründen am Herkunftsort nicht in genügender Menge verfügbar sind. Rein wirtschaftliche Gründe reichen nicht aus und die ungenügende Verfügbarkeit muss in einer Verordnung des Bundesrats für die entsprechende Branche festgehalten werden.
  • Verpackungs- und Transportkosten.
  • Kosten für den Vertrieb der Ware, wie die Kosten für Marketing und Kundenservice.

Am Herkunftsort muss auch die Tätigkeit, die dem Produkt seine wesentlichen Eigenschaften verleiht sowie ein wesentlicher Fabrikationsschritt stattgefunden haben (Art. 48c Abs. 4 revMSchG).

Erfüllt ein Produkt die Anforderungen an die Herkunftsangabe, kann künftig das Schweizerkreuz auf Schweizer Produkten verwendet werden (Art. 13 revWSchG). Bisher war dies nur zur Kennzeichnung von Dienstleistungen erlaubt.

Für Dienstleistungen entspricht die Herkunft dem Geschäftssitz derjenigen Person, welche die Dienstleistungen erbringt. Zudem muss sich ein Ort der tatsächlichen Verwaltung dieser Person im gleichen Land befinden (Art. 49 Abs. 1 revMSchG). Erfüllt die Muttergesellschaft diese Voraussetzungen, kann die Herkunftsangabe auch auf gleichartige Dienstleistungen ausländischer Tochtergesellschaften oder Zweigniederlassungen angewendet werden (Art. 48 Abs. 2 revMSchG).

D. Herkunftsangaben und Werbung
Vom neuen Regime werden nicht nur die Bezeichnungen "Schweiz" oder "made in Switzerland" erfasst, sondern auch die Kombination mit Zusätzen wie "Art", "Typ", "Stil", "Nachahmung", "Qualität", "Rezept", o.ä. sowie deren Übersetzungen (vgl. Art. 47 Abs. 3bis revMSchG).

Bei Angaben zu spezifischen Tätigkeiten wie Forschung oder Design, die mit dem Produkt im Zusammenhang stehen, muss diese Tätigkeit vollumfänglich am angegebenen Ort stattfinden (Art. 47 Abs. 3ter revMSchG).

Auch die Verwendung eines Namens, einer Firma, einer Adresse oder einer Marke im Zusammenhang mit Waren oder Dienstleistungen fremder Herkunft ist untersagt, sofern sich daraus eine Täuschungsgefahr ergibt (Art. 47 Abs. 3 lit. c revMSchG).

Bei Herkunftsangaben in der Werbung muss die Herkunft aller darin beworbenen Produkte und Dienstleistungen den Anforderungen an die Herkunftsangabe entsprechen (Art. 49a revMSchG).

Autoren

Dr. Stefan Kohler
Dr. iur. et dipl. sc. nat. Stefan Kohler

skohler@vischer.com

Delia Bosshard
Delia Bosshard M.A. HSG in Law and Economics

dbosshard@vischer.com

VISCHER AG