FIDLEG und FINIG

Neue Herausforderungen für Vermögensverwalter, Anlageberater und Family Offices

Der Bundesrat hat am 27. Juni 2014 die Vernehmlassung zum Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) und zum Finanzinstitutsgesetz (FINIG) eröffnet. Das FIDLEG hebt die regulatorischen Anforderungen an die Erbringung von Finanzdienstleistungen spürbar an. Das FINIG führt eine Bewilligungspflicht für grundsätzlich sämtliche Arten der gewerbsmässigen Vermögensverwaltung ein. Gerade für kleinere und mittlere Unternehmen im Finanzsektor wird die Umsetzung der vorgeschlagenen Regulierung eine Herausforderung darstellen.

Nachfolgend werden die für Vermögensverwalter, Anlageberater und Family Offices wichtigsten Neuerungen der geplanten Regulierung zusammengefasst. Unternehmen aus dieser Kategorie sollten die weiteren Entwicklungen aufmerksam verfolgen und die Auswirkungen der geplanten Regulierung auf ihr Geschäftsmodell frühzeitig prüfen.

1. FINIG: Neue Bewilligungspflicht für Vermögensverwalter und Asset Manager

Sogenannte externe Vermögensverwalter unterstanden bisher keiner prudentiellen Aufsicht. Das soll sich nun ändern: Gemäss dem geplanten FINIG benötigen Vermögensverwalter künftig eine Bewilligung und werden von einer Aufsichtsbehörde beaufsichtigt.

Wen betrifft es?
Als Vermögensverwalter gilt, wer gestützt auf einen Auftrag gewerbsmässig im Namen und auf Rechnung von Kunden Vermögenswerte verwaltet oder auf andere Weise über Vermögenswerte von Kunden verfügen kann. Entscheidend ist damit die Möglichkeit des Vermögensverwalters, selbständig über die Anlage des Kundenvermögens entscheiden zu können. Die reine Anlageberatung ist unter dem geplanten FINIG nach wie vor nicht bewilligungspflichtig. Vermögensverwalter, die ihre Tätigkeit seit mehr als 15 Jahren ausüben, bedürfen keiner Bewilligung, sofern sie keine neuen Kunden annehmen.

Nicht dem FINIG unterstellt sind Personen, die ausschliesslich Vermögenswerte von mit ihnen wirtschaftlich oder familiär verbundenen Personen verwalten. Damit sind insbesondere Family Offices angesprochen: Die Tätigkeit eines Familienmitglieds sowie allfälliger externer Mitarbeiter für das Family Office einer bestimmten Familie bleibt damit bewilligungsfrei. Multi-Family Offices, die das Vermögen mehrerer Familien verwalten, können voraussichtlich nicht von dieser Ausnahme profitieren und werden künftig ebenfalls eine Bewilligung benötigen.

Wer gewerbsmässig im Namen und für Rechnung von kollektiven Kapitalanlagen oder von schweizerischen Vorsorgeeinrichtungen Vermögenswerte verwaltet, bedarf einer Bewilligung als qualifizierter Vermögensverwalter. Qualifizierte Vermögensverwalter werden im FINIG auch als Asset Manager bezeichnet. Die Bewilligungsvoraussetzungen für qualifizierte Vermögensverwalter sind spürbar höher angesetzt als diejenigen von einfachen Vermögensverwaltern.

Was ändert sich mit der Bewilligungspflicht?
Um eine Bewilligung zu erhalten, müssen Vermögensverwalter die allgemeinen und die besonderen Bewilligungsvoraussetzungen des FINIG erfüllen. Dazu gehören unter anderem Anforderungen an die Organisation, die Risikokontrolle, das Outsourcing und die Sicherstellung der Steuerkonformität von Vermögenswerten.

Der Vermögensverwalter selbst und die mit der Verwaltung und Geschäftsführung betrauten Personen müssen Gewähr für eine einwandfreie Geschäftsführung bieten. Vermögensverwalter müssen über angemessene finanzielle Garantien verfügen oder eine Berufshaftpflichtversicherung abschliessen. Die Einzelheiten wird der Bundesrat in einer Verordnung regeln.

Das FINIG sieht vor, dass Vermögensverwalter von einer neu zu schaffenden, unabhängigen und halbstaatlichen Aufsichtsorganisation beaufsichtigt werden. Als Variante wird vorgeschlagen, dass die FINMA die Aufsicht wahrnimmt, wie dies für die übrigen Finanzinstitute der Fall ist.

Ein wichtiges Detail
Die Bezeichnungen "Vermögensverwalter", "qualifizierter Vermögensverwalter" und "Asset Manager" dürfen in der Firma, im Geschäftszweck und in Geschäftsunterlagen nur noch von Finanzinstituten verwendet werden, die über eine entsprechende Bewilligung verfügen. Damit dürfen nur noch als qualifizierte Vermögensverwalter bewilligte Finanzinstitute den Begriff "Asset Manager" verwenden.

Was ist zu tun?
Finanzinstitute, die unter das FINIG fallen, müssen sich innert sechs Monaten ab Inkrafttreten bei der Aufsichtsbehörde melden und innert zwei Jahren den Anforderungen des FINIG genügen und ein Bewilligungsgesuch stellen. Bis zum Bewilligungsentscheid können sie ihre Tätigkeit fortführen. Unabhängige Vermögensverwalter, Anlageberater und Family Offices sollten deshalb frühzeitig prüfen, ob ihre Tätigkeit künftig einer Bewilligung bedarf, und ob sie in der Lage sind, die Bewilligungsvoraussetzungen zu erfüllen.

Auch Personen und Unternehmen, die keiner neuen Bewilligung bedürfen, sollten prüfen, ob sie ihre Firma, ihren Geschäftszweck oder ihre Geschäftsunterlagen vor dem Inkrafttreten des FINIG anpassen müssen.

2. FIDLEG: Höhere Anforderungen für das Erbringen von Finanzdienstleistungen

Mit dem geplanten FIDLEG sollen die regulatorischen Anforderungen für das Erbringen von Finanzdienstleistungen sektorübergreifend geregelt werden. Für Vermögensverwalter, Anlageberater und Family Offices sind spürbare Verschärfungen geplant. Das FIDLEG gilt auch für Finanzdienstleister, die unter dem FINIG keiner Bewilligung bedürfen.

Wen betrifft es?
Das FIDLEG ist grundsätzlich auf sämtliche Finanzdienstleister anwendbar. Finanzdienstleister sind Personen oder Unternehmungen, die gewerbsmässig Finanzdienstleistungen in der Schweiz oder für Kunden in der Schweiz erbringen. Der Begriff der Finanzdienstleistung ist weit gefasst und umfasst unter anderem auch die Anlageberatung, die Vermögensverwaltung sowie den Handel mit Finanzinstrumenten und die Verwahrung von Vermögenswerten.

Damit sind auch nicht beaufsichtigte Marktteilnehmer den Verhaltensregeln unterstellt. Für diese Finanzdienstleister wird die Einhaltung der Verhaltensregeln nicht durch eine Aufsichtsbehörde überwacht.

Welche Verhaltenspflichten sind künftig zu beachten?
Das geplante FIDLEG sieht eine Vielzahl von Verhaltenspflichten vor, die nachfolgend nur überblicksweise dargestellt werden können. Die Verhaltenspflichten sind in folgende Kategorien aufgeteilt:

  • Informationspflichten
  • Pflicht zur Eignungs- und Angemessenheitsprüfung
  • Dokumentations- und Rechenschaftspflicht
  • Transparenz- und Sorgfaltspflicht

Informationspflichten: Finanzdienstleister müssen ihre Kunden vor Abschluss des Vertrags oder Erbringen der Dienstleistung über verschiedene Aspekte der Kundenbeziehung informieren. Unter anderem müssen den Kunden die mit den Finanzdienstleistungen oder den Finanzinstrumenten verbundenen Risiken sowie Kosten aufgezeigt werden. Finanzdienstleister dürfen sich oder ihre Dienstleistungen nur dann als unabhängig bezeichnen, wenn sie eine ausreichende Zahl auf dem Markt angebotener Finanzinstrumente berücksichtigen und im Zusammenhang mit der Dienstleistungserbringung von Dritten keine Vorteile annehmen, die sie nicht an die Kunden weitergeben.

Eignungs- und Angemessenheitsprüfung: Finanzdienstleister müssen die Kenntnisse und Erfahrungen ihrer Kunden in Erfahrung bringen und vor der Dienstleistungserbringung prüfen, ob diese für die Kunden angemessen sind. Bei der Vermögensverwaltung und Anlageberatung ist vor einer Empfehlung von Finanzdienstleistungen und Finanzinstrumenten zu prüfen, ob diese in Anbetracht der finanziellen Verhältnisse und Anlageziele des Kunden geeignet sind.

Dokumentations- und Rechenschaftspflichten: Finanzdienstleister müssen verschiedene Tätigkeiten und Vereinbarungen im Rahmen der Kundenbeziehung dokumentieren. Bei der Vermögensverwaltung und Anlageberatung sind insbesondere die Bedürfnisse des Kunden und die Gründe für jede Empfehlung, die zum Erwerb oder zur Veräusserung eines Finanzinstruments führt, zu dokumentieren. Dem Kunden ist eine Kopie der Dokumentation zu übergeben.

Der Umfang der Sorgfaltspflichten hängt von der Kundenkategorie ab. Bei professionellen und institutionellen Kunden bestehen verschiedene Erleichterungen. Vermögende Privatkunden können unter gewissen Bedingungen erklären, dass sie als professionelle Kunden gelten wollen (Opting-Out).

Welche Organisationspflichten sind künftig zu beachten?
Das FIDLEG sieht verschiedene Anforderungen an die Organisation von Finanzdienstleistern vor. Die Finanzdienstleister müssen durch interne Vorschriften und eine angemessene Betriebsorganisation sicherstellen, dass sie die Pflichten unter dem FIDLEG erfüllen. Dazu gehören auch die Gewährleistung der notwendigen Fähigkeiten, Kenntnisse und Erfahrungen ihrer Mitarbeiter sowie besondere Anforderungen an den Beizug von Dritten bei der Erbringung von Finanzdienstleistungen.

Finanzdienstleister müssen organisatorische Vorkehrungen treffen, um Interessenkonflikte zu vermeiden und eine Benachteiligung von Kunden durch Interessenkonflikte auszuschliessen. Sie dürfen Vorteile wie Retrozessionen, Provisionen und Rabatte im Zusammenhang mit der Erbringung von Finanzdienstleistungen nur annehmen, wenn der Kunde vorgängig auf die Herausgabe der Vorteile verzichtet hat oder die Vorteile vollumfänglich an den Kunden weitergegeben werden.

Welchen Anforderungen müssen Kundenberater künftig genügen?
Finanzdienstleister müssen sicherstellen, dass künftig nur Personen als Kundenberater tätig sind, die in einem neu zu schaffenden Kundenberaterregister eingetragen sind. Kundenberater sind diejenigen Personen, die im Namen des Finanzdienstleisters Finanzdienstleistungen für Kunden erbringen. Mitarbeiter ohne Kundenkontakt und unterstützendes Personal sind keine Kundenberater.

Kundenberater müssen über hinreichende Kenntnisse über die Verhaltensregeln des FIDLEG und über das für ihre Tätigkeit notwendige Fachwissen verfügen. Sie dürfen nicht einschlägig vorbestraft sein und keinem Tätigkeits- oder Berufsverbot unterliegen.

Was ist zu tun?
Finanzdienstleister sollten sich frühzeitig mit den künftigen Verhaltens- und Organisationspflichten vertraut machen und prüfen, wie sie deren Einhaltung ab dem Inkrafttreten des FIDLEG sicherstellen können. Das FIDLEG sieht für die Verhaltens- und Organisationspflichten keine Übergangsfristen vor.

Weiterführende Informationen
Die Vernehmlassungsvorlage sowie der erläuternde Bericht dazu stehen auf der Website des Bundes  zum Download bereit.

Bei Fragen und für weiterführende Hinweise stehen die Autoren gerne zur Verfügung.

Autoren

Dr. Adrian Dörig
Dr. Adrian Dörig, LL.M.

adoerig@vischer.com

David Weber
David Weber, M.A. HSG in Law

dweber@vischer.com

VISCHER AG