Slow Job oder Quick Win

Was ist schnell? Was ist langsam? Selbst mein dreijähriger Sohn interessiert sich schon für die Zeit. Wenn er mich fragt: «Papi, wenn isch morn?», komme ich allerdings bereits ins Grübeln. Natürlich könnte ich ganz banal sagen, noch einmal schlafen, dann ist morgen. Aber das entspricht ja nicht der Wahrheit. Denn wenn man am nächsten Tag aufsteht, ist bekanntlich nicht morgen, sondern bereits wieder heute. So schnell geht die Zeit. Aber wie erklären Sie das einem Dreijährigen?

Manchmal kommt man selbst ja kaum mehr mit: Immer höher, weiter und vor allem schneller soll es gehen. Und zwar nicht ein bisschen schneller, sondern viel schneller. Das hören wir schon beinahe täglich von unseren Kunden, Lieferanten, Partnern und Freunden. Bei einigen Projekten sind die Termine bereits wichtiger als der Content. Egal was, Hauptsache schnell vom Tisch, morgen in Druck, auf die Post oder aufs Netz. Alle träumen vom Quick Win. Als allgegenwärtige Challenge gegen die Zeit, mit ab und zu etwas zwanghaften Zügen. Aber alle machen mit bei dieser Massenhysterie, zumindest so lange, bis sie ein Burnout aus der Bahn oder dem Hamsterrädli wirft oder sie sonst irgendwie vom Stängeli fallen.
Nein, wir sind gar nicht viel anders, auch wir stehen auf Action, Speed, schnelle Resultate und Quick Wins. Und wenn uns ein Internet-Heini allen Ernstes sagt, das Projekt sei so komplex, dass er uns für die umfangreiche Offerte zuerst eine Offerte machen müsse, dann geht uns das definitiv zu wenig schnell.

In Zeiten exzessiven Clickbaitings – oder ist das bereits wieder vorbei? – drängt sich natürlich eine Typologisierung auf, eingeführt mit einem breitspurigen Titel: Drei Arten von «Schnell» – Sie werden staunen ...

1. Das unmögliche «Schnell»

Manchmal hat jemand eine supergute Idee, bei der es darum geht, im Projekt ein paar Franken zu sparen. Und da Zeit ja Geld ist, heisst es dann: schneller schaffen – oder weniger. Immer wieder ein Volltreffer! Wir lassen die Marktanalyse weg, beginnen direkt mit der Umsetzung und füllen am Schluss die zehnjährigen Webinhalte einfach in ein neues Template. Keine Kosten, keine Wirkung – eine klassische Win-win-Situation.

2. Das logische «Schnell»

Manchmal können wir gar nicht anders. Alles ist auf den ersten Blick so offensichtlich. Die ungenutzten Potenziale des Produkts sind so klar wie die Chancen im Markt. Die Massnahmen abzuleiten, ist für uns ein Klacks. Logisch, nah, direkt. Manchmal muss man das Rad nicht neu erfinden und einen Prozess nicht künstlich verkomplizieren, nur damit alle auf die Knie sinken vor Ehrfurcht. Nein, einfach machen! Hopp!

3. Das schöne «Schnell»

Das schöne «Schnell» ist, wenn alles fliesst, sich eins aus dem anderen ergibt, nichts ins Stocken gerät oder gar anhält. Auch komplexe Prozesse und grosse Projekte und Aufgabenstellungen können dann relativ schnell entwickelt und abgewickelt werden. Effizient und speditiv. Wissend, dass schnell natürlich relativ ist. Denn alles braucht die Zeit, die es braucht.

Gewisse Dinge müssen auch reifen. Ein feiner Bordeaux, ein Single Malt, ein Alpkäs im feuchten Keller. Zu diesen Dingen zählen auch Gedanken und Ideen. «Die Zeit ist der weiseste aller Berater», hat Perikles schon gesagt vor zweieinhalbtausend Jahren.

In diesem Sinne: Lassen wir das umschweifige Schwafeln und werberische Blenden. Wir sind Macher, und das ist immer noch der schnellste Weg zum Ziel.

Have a good time!

Martin Hilzinger

 

Übrigens, wir geben Facebook nochmals eine Chance. Wenn Sie unser Freund werden, verpassen Sie nichts, und wenn nicht, auch. Clickbaiting halt.