Aktuelle Entwicklungen in der 2. Säule
Mögliche Auswirkungen des FinfraG auf Schweizerische Vorsorgeeinrichtungen:
Am 3. September 2014 hat der Bundesrat das „Bundesgesetz über die Finanzmarktinfrastruktur“ (FinfraG) verabschiedet, mit dessen Inkrafttreten auf Ende 2015 gerechnet werden kann. Vor allem die Regelungen im Derivatemarkt (Art. 92 E-FinfraG bis Art. 116 E-FinfraG) ziehen – nach heutigem Kenntnisstand und ohne die Vorgaben aus der noch folgenden Verordnung zu kennen – Handlungsbedarf für Pensionskassen nach sich.
Geltungsbereich und Pflichten:
Für Pensionskassen wird entscheidend sein, wie sie klassifiziert werden. Bleibt es dabei, dass sie gemäss Art. 92 Abs. 2 Bst. G des E-FinfraG Finanzielle Gegenparteien sind, so müssen sie sich mit den neuen Vorschriften detaillierter befassen. Sind sie zudem Grosse Finanzielle Gegenparteien – ist also das Volumen ihrer getätigten OTC-Derivate Transaktionen über einem noch zu definierenden Schwellenwert – so kommen umfangreiche neue Pflichten auf sie zu. Konkret müssen sie unter bestimmten Voraussetzungen folgende Pflichten beim Derivate-Handel erfüllen:
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Clearing-Pflicht: Abrechnung über eine zentrale Gegenpartei bzw. einen Clearing Broker (Art. 96-102 E-FinfraG);
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Meldepflicht: Meldung der Transaktionen an ein Transaktionsregister (Art. 103 – 105 E-FinfraG);
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Pflicht zur Risikominderung: Abgleich der Portfolios mit der Gegenpartei, Austausch von Sicherheiten sowie (nur für Grosse Finanzielle Gegenparteien) tägliche Bewertung der ausstehenden Geschäfte (Art. 106-110 E-FinfraG); und
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Handelsvorschriften: Vorschriften zum Handel auf bewilligten oder anerkannten Handelsplätzen und –systemen (nur für Grosse Finanzielle Gegenparteien, Art. 111 – 114 E-FinfraG).
Beurteilung:
Die Erfüllung der Meldepflicht ist delegierbar und lässt sich somit vertraglich gut regeln, so dass hier kein grosser Zusatzaufwand für Pensionskassen entstehen sollte. Auch die Beachtung der Handelsvorschriften sollte unproblematisch sein, da diese Vorschriften nur für Grosse Finanzielle Gegenparteien gelten und selbst in diesem Fall nur dann Anwendung finden, wenn überhaupt ein Handelsplatz/ein Handelssystem existiert.
Aus der Clearing-Pflicht und aus der Pflicht zur Risikominderung ergeben sich jedoch für Kleine und Grosse Finanzielle Gegenparteien erhebliche Konsequenzen mit Kostenfolgen. So ist die Abrechnung über eine Zentrale Gegenpartei (Clearing-Pflicht) teuer und aufwendig; zudem muss sie für Pensionskassen indirekt über einen Clearing Broker erfolgen. Es ist damit zu rechnen, dass Pensionskassen zumindest einen Teil dieser Kosten werden tragen müssen. Auch die Pflicht zur Risikominderung ist mit hohem zusätzlichen Aufwand und Kosten verbunden, da sie den Austausch von Sicherheiten beinhaltet und damit implizit von Pensionskassen ein aktives Collateral-Management verlangt.
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Bedeutung für Pensionskassen:
Als Fazit lässt sich sagen, dass es sich für viele Pensionskassen lohnen kann, über eine Zentrale Gegenpartei/einen Clearing Broker abzurechnen, selbst wenn keine Clearing-Pflicht besteht: wird zentral abgerechnet, so sind sämtliche andere Vorschriften erfüllt bzw. delegiert. Pensionskassen werden daher prüfen müssen, (a) welche der Vorschriften für sie relevant sind; (b) mit welchen Kosten die Erfüllung dieser Vorschriften verbunden ist; und schliesslich (c) ob diese Kosten höher oder tiefer als die Kosten für die zentrale Abrechnung sind, falls diese nicht ohnehin zwingend vorgenommen werden muss. Als Schlusswort bleibt noch zu bemerken, dass für Währungsswaps und -termingeschäfte Ausnahmen gelten – gemäss aktueller Auslegung ist es jedoch noch fraglich, ob auch Pensionskassen oder lediglich Banken von diesen Ausnahmen profitieren können.
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Referenzzinssatz 2014 mit 3.0% festgelegt
Die Schweizerische Kammer der Pensionskassenexperten hat den bis zum 30. 9. 2015 geltenden Referenzzinssatz für das Jahr 2014 mit 3.0% festgelegt. Der Referenzzinssatz bleibt damit auf dem Niveau des Vorjahres und ist 0.5% tiefer als der Referenzzinssatz der Jahre 2011 und 2012.
Liegt der vom obersten Organ einer Vorsorgeeinrichtung gewählte technische Zinssatz über dem technischen Referenzzinssatz, so muss der PK-Experte die Überschreitung dem obersten Organ schriftlich mitteilen. Ist die Überschreitung während mindestens einem Jahr grösser als 0.25%, so muss die Überschreitung vom PK-Experten begründet werden. Falls keine Begründung möglich ist, muss der Experte dem obersten Organ Massnahmen vorschlagen, um den technischen Zinssatz der Vorsorgeeinrichtung innerhalb von 7 Jahren auf den technischen Referenzzinssatz zu senken.
Entgegen der weitverbreiteten Ansicht, dass es sich bei dem Referenzzinssatz um eine verbindliche Obergrenze handelt, kann eine Überschreitung des Referenzzinssatzes unter bestimmten Bedingungen sowohl zulässig als auch sinnvoll sein. Eine risikofähige Pensionskasse hat beispielsweise die Möglichkeit, stärker in risikobehaftete Sachwertanlagen zu investieren und dadurch eine zusätzliche Risikoprämie zu erwirtschaften. Die daraus resultierende höhere erwartete Anlagerendite erlaubt es dieser Pensionskasse, höhere Leistungen zu versprechen und diese mit einem höheren technischen Zins zu diskontieren. Weitere Ausführungen zu diesem Thema finden Sie hier.
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Bedeutung für Pensionskassen:
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Der Referenzzinssatz ist eine Referenzgrösse und keine strikte Obergrenze. Der technische Zinssatz soll vielmehr im Hinblick auf die angestrebten Leistungen und die dazu passende gewählte Anlagestrategie festgesetzt werden.
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Leistungsversprechen und Anlagestrategie müssen in einem vernünftigen Verhältnis zur Risikofähigkeit einer Pensionskasse stehen. Eine möglichst fundierte und realistische Einschätzung der Risikofähigkeit einer Pensionskasse ist damit die Grundlage für die Festlegung des technischen Zinssatzes.
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Diese Überlegungen werden an Bedeutung gewinnen, falls der Referenzzinssatz in der Zukunft weiter reduziert werden sollte.
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